Hallo, mein Name ist Chris Machmuller. Das sind meine Jungs Jamie, Ethan und Pat und gemeinsam sind wir (im Chor): Ladyfinger-N-E!“ So oder zumindest so ähnlich könnte eine Vorstellung der jungen Wüstenrocker aus Nebraska im Programm hiesiger Radiosänder klingen. Hier handelt es sich natürlich um einen Spaß. Puh, Glück gehabt.
Denn zum Einen stehen Ladyfinger beim Connor-Oberst-Label „Saddle Creek“ unter Vertrag, was ihnen bereits eine gewisse Form der Stammkundschaft (aber auch Skepsis) sichert. Zum Anderen ist das, was sie uns mit ihrem Zweitwerk Dusk anbieten, nicht sonderlich radiotauglich. Machmuller und Co. spielen wie auch schon auf ihrer ersten gemeinsamen Scheibe noise-und punkinfizierten Hardrock , besitzen aber mittlerweile den Drive, Spannungsbögen aufzubauen und zwischen schnell und semi-druckvollem Sound zu variieren.
Als Eröffnungstrack bollert „Over and over“ gleich kräftig los. Die Drums scheppern unaufhaltsam, wirbeln ordentlich Staub auf. Die Gitarrenriffs kennen nur eine Richtung: sie treiben zusätzlich vorwärts. Machmuller untermalt das Ganze mit läßigem Ausdruck im Gesang. Außbrecher ins Land des Krächzens und des Jaulens (Rockgrößen wie Homme oder Grohl zelebrieren das seit mindestens einer Deakde), platzen unberechenbar aus der Gelassenheit des Leadsängers heraus. Die Singleauskopplung „Little Things“ hat nicht nur das Zeug, sich in den Playlists einschlägiger Indie-Discotheken zu etablieren, sie verpflanzt sich zudem ganz fix in den Lauschlumpen des überraschten Saddle- Creek-Anhängers, dem vor Schreck der Cowboyhut vom Kopf kippen dürfte. Ebenso wahrscheinlich ist, dass jedem Jünger geradliniger Rockmusik, der angesichts des letzten „echten“ Danko-Jones-Albums vor seinem staubigen Plattenteller trauert, nun endlich mal wieder Einer flitzen geht.
Und Höhepunkte gibt es hier genug: „Read The Will“ überzeugt mit fesselnder Melodie im Mittelteil und einem herzschlag-dominierendem Outro, dem man sich nur schwer wieder entziehen kann. Während „Plans“ und „Let’s Get Married“ der ersten Single-Auskopplung in Sachen besagter Radiotauglichkeit wohl am nächsten, aber (Gottseidank) nicht nah genug kommen, benötigen die meisten Songs Zeit, um beim aufgeschlossenen Hörer komplett zu zünden. Sie besitzen halt ihre Ecken und Kanten. Ein Hauptkritikpunkt scheint für den Einen oder Anderen zu sein, dass bei Ladyfinger der große Leader á la Grohl oder Homme oder Presley fehlt. Derjenige, dem eine Band nur dann gefällt, wenn große Gesten und One-Man-Shows der angedeuteten Art garantiert sind, wird sich natürlich früh von Ladyfinger abwenden, aber an demjenigen wird mit Dusk zumindest schonmal ein kleiner Kelch vorbeigehen. Echte Kritikpunkte sind dagegen darin auszumachen, dass „Work Party“ zum Beispiel tatsächlich viel zu sehr nach den großen Vorbildern klingt und zu wenig nach Ladyfinger und dass der letzte Song des Albums so unpassend ausgefadet wird, obwohl er sich zu dem Zeitpunkt auf einem durchschnittlichen Spannungsniveau befindet. Da wäre es vielleicht ratsamer gewesen, mit einer whiskey-getränkten Akkustik-Ballade zu schließen oder ein paar Sätze zur einsamen Gitarre ins Mikro zu hauchen oder so. Nur ein Tip. Aber es ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Plattenkritik von MarcNess, 11.06.2009
Gesamtpunktzahl: 70%