Fury In the Slaughterhouse? Echt jetzt? Lasst uns gleich den Elefanten im Raum ansprechen. Ja, die folgende Kritik beschäftigt sich mit Pop-Rock Songs, die ohne Weiteres im Radio laufen. Und ja, in der folgenden Kritik schwingt eine Menge Nostalgie mit… So, jetzt können wir loslegen, und uns mit dem aktuellen Album NOW von der Band aus Hannover in Ruhe beschäftigen.
Fury In The Slaughterhouse haben tatsächlich nach mehr als 13 Jahren nahezu in Originalbesetzung ein neues Album veröffentlicht. Um es vorweg zu nehmen, die zwölf Lieder sind unverwechselbar Fury ohne gleich den Stempel Altherren-Rock aufgedrückt zu bekommen.
Gelungener Start für Fury In The Slaughterhouse
Die im Oktober 2020 bereits veröffentlichte Single Sometimes (Stop to Call) lies aufhorchen. Fast beiläufiger Start in den Song mit schöner Dynamik in der Bridge, die vielleicht etwas überproduziert im Refrain ist, aber durch die leicht melancholische Melodie nie wirklich ins Käsige abdriftet. Dieses Händchen für die Gratwanderung im Pop hat Fury in the Slaughterhouse schon oft bewiesen und zeichnet NOW im besten Sinne aus. Gerade auch 1995 ist so ein Kandidat, der dabei um einiges Schmissiger daherkommt und die die goldene Zeit der Band im Rückblick abfeiert. Ruft da jemand: Nostalgie? Die nächsten beiden Songs sind ähnlich veranlagt und machen ein erstes überzeugendes Drittel der Platte perfekt. Typische Fury Lieder ohne Überraschung, aber mit einem Händchen für gelungene Songs.
Darf es etwas Abwechslung sein?
Das zweite Drittel verlässt den eingetretenen Pfad etwas und beginnt – überraschend – mit einem Lowlight. All About Us ist bei der zuvor beschriebene Gratwanderung abgestürzt. Der Song klingt mit seinem 0815-Refrain und lahmen Schlagzeug wie am Reißbrett für einen Stadionsong entstanden und sorgt für einen der wenigen Scham-Momente. Lieber den Track skippen und beim nächsten Song sich an dem Gorillaz-Anleihen erfreuen. Keine Sorge, der Refrain holt das Titelstück dann wieder zurück ins eigene Schaffen. Ein ähnlicher Ausflug folgt mit Replay durch eine Green Day Minority Gedächtnis Strophe. Dazwischen ist das feine Good luck is on your way, bei dem ein entspannter Sommervibe sich mit dem pathetischen Refrain abwechselt. Die Band baut hier Sänger Kai Wingenfelder eine musikalische Bühne, die er perfekt auszufüllen weiss. Die Abwechslung ist natürlich kein Grund zur Sorge, immer dezent genug und macht das Album durchaus interessant.
Den Sack zumachen
Zum Abschluss hat Fury in the Slaughterhouse noch eine nette Ballade, ein überflüssiges Lied und dann auf der Zielgeraden noch einmal zwei ganz typische Songs. Gerade diese Songs bringen die Stärken der Hannover auf den Punkt. Not the time to live a lie ist ein so typischer Fury Song, den wir schon so häufig gehört haben, ohne langweilig zu klingen. Ganz im Gegenteil, der Song ist dabei mitreißend, dass ein Chris Martin verschämt rüber schielen mag, weil sein Stadionkonzept für Coldplay oft nicht so gut aufgegangen ist. Walk On macht den Sack zu – eine typische Laut-Leise Dynamik mit pathetischem Text. Wer so lange bei NOW durchgehalten hat, wird Fury in the Slaughterhouse wahrscheinlich mögen und damit dieses Lied auch. Alle Haters werden hier genug Gründe finden, warum die Band in ihren Augen besser in der Versenkung geblieben wäre. Aber Haters gonna hate. Alle anderen haben Spaß an der gelungenen Rückkehr der Band und dies trotz oder gerade mit Radio-Rock und Nostalgie.