Das fehlte Blackmail bisher: Dieser Tage erscheint eine Werkschau mit dem pragmatischen Namen 1994-2013 (Best of + Rare Tracks). Da die Band seit sieben Jahren pausiert, schwingt bei diesem Lebenszeichen auch ein wenig Sorge mit. Denn Indie-Deutschland braucht noch immer diese Genre-prägende Band aus Koblenz. Das beweist das vorliegende Album eindrucksvoll.
Es gibt kaum Bands, die ein Best-of Compilation mit 1-2 Songs pro Album abliefern und dabei die Qualität so konstant hoch halten, wie Blackmail. Beindruckend, wie gleich vom Fleck weg bei When I start today vom selbstbetitelten Debütalbum alle Trademarks ausgearbeitet sind. Die Produktion klingt vielleicht wenig blechern, aber schon ab dem zweiten Song Gone Too Soon Too Far fühlt man sich im Blackmail Universum wohl. Das Wechselspiel von süßer Melodie und brachialen Gitarrenwänden ist wunderbar gealtert.
Blackmail & die goldene Phase
Und spätestens mit den Stücken von Bliss Please und Friend or Foe? befinden wir uns in der erfolgreichsten Phase von Blackmail. Gerade letzteres hat dabei ordentlich Wüstenstaub von Queens Of The Stone Age aufgesammelt. Der Uptempo Hit It could be yours ist knackig und prescht ungestüm nach vorne. Das darauf-folgende Evon mit dem markanten Gitarrenmotiv hat sich eh schon als ewiger Ohrwurm festgesetzt. Auch wenn die Öffentlichkeit von den beiden folgenden Alben weniger Notiz genommen hat, sind die vier Vertreter dieser Phase allesamt auf einem ähnlich hohem Niveau. Blackmail greifen hier nicht mehr nach den Charts, sondern liefern Indie-Deutschland weiter zuverlässig kleine und große Hymnen. Everyone Safe vereint die besten Momente von Friend or Foe? Und klingt trotzdem eigenständig und stark.
Neuer Sänger
Nach Tempo Tempo (2008) trennen sich Blackmail von Sänger Aydo Abay und veröffentlichen noch zwei weitere Alben mit dem Frontmann Mathias Reetz. Manch Fans konnten sich Blackmail ohne die markante Stimme von Aydo nicht vorstellen, am Ende funktionierte es jedoch ganz gut. Ein Beleg dafür sind die beiden Songs auf 1994-2013 (Best of + Rare Tracks). Deborah und Impact sind gelungene Alternative-Lieder, auch wenn ein wenig die frühere Intensität fehlt.
Auch die B-Seiten sitzen
Nicht nur für Fans spannend ist die zweite CD der Compilation, die mit „raren“ Tracks das Bild über Blackmail komplettiert. Auch hier stechen die Lieder von der Friend or Foe?-Phase heraus. Eine Band, die sich Carmine, Dare Defender und Foe als B-Seite erlaubt, brodelt nur so vor Kreativität oder ist schlichtweg wahnsinnig. Und auch das Cover Mad World, im Original von Tears For Fears, sitzt und ist deutlich mitreißender als die Trauerklos Version Gary Jules. OK, vielleicht können die B-Seiten Euthanasia und Booth Baby nicht ganz mithalten, aber das ist bei so einer großartigen Zusammenstellung geschenkt.