Deutschsprachige Indie (Rock) Musik ein Minenfeld? Zwischen zu Kopf-lastig und den Media Control Charts gibt es einen schmalen Grat, auf dem nur wenige Bands gekonnt tanzen können. Und noch weniger haben genügend Power in der Musik, um nicht halbtot vom Steg zu kippen. Supermutant zeigen, dass sie diese Gratwanderung spielend beherrschen, jedenfalls wirkt ihr Debüt FRVR so.
Veröffentlicht kurz vor Weihnachten liegt dieses Album als letzte CD des Jahres auf meinem Schreibtisch. 2012 ist rückblickend sicherlich ein Jahr (der Rückkehr) etablierter Bands geworden. Deftones, Billy Talent, Soundgarden, Dinosaur Jr. sei Dank. Wie schön das Jahr mit etwas Frischem abzuschließen. Und es braucht genau 108 Sekunden bis Supermutant meine volle Aufmerksamkeit bekommen. Denn genauso lang dauert der Einstieg, „1930“. Nach kurzem Intro und einer gemäßigten Strophe, die ohne Umschweife in die nach vorne preschende Bridge mündet, reißt der Song mich direkt mit… „Die Gegenwart, der schwerste Part, das was man tat, mein Weg zum Sarg“ …und schraubt sich weiter nach oben, bis er abrupt endet. Wow. Ähnlich gut und hymnisch „Diamant“.
So intelligent die einzelnen Songelemente miteinander verwoben sind, so angenehm Lo-Fi ist die Produktion. Der Gesang und die Gesangmelodien tun ihr übriges dazu und vermitteln eine Roh- und Direktheit. Auch wenn Yanns hohe Gesangstimme am Anfang für einige ein wenig gewöhnungsbedürftig sein mag. Einige Töne wirken schief, an ein paar Stellen scheinen die Gitarren aneinander vorbeizuspielen. Positiv ausgedrückt: Demo Tape Charme. Es scheint, als brodeln die Lieder schon länger im Inneren der jungen Band aus Mönchengladbach und haben nun endlich den Weg auf CD gefunden.
Lob auch für die gelungenen Lyrics. Voll von Metaphern, ohne verkrampft oder pseudo-intellektuell zu wirken. Mein Lieblingszitat aus „La Traviata“: „Sein Leben gelebt wie Tetris, im Verbauen und Zubauen ist er spitze, fast unschlagbar“. Die Sätze lassen aufhorchen und heben sich angenehm frisch von den Plattitüden anderer deutschsprachiger Bands ab.
Trotz so viel Positivem sollte an dieser Stelle jedoch auch vermerkt werden, dass einige Lieder hätten gestrafft werden können („Brady Cardia“ oder „Luft ist nicht nur“) und vor allem live besser, weil härter und kratziger klingen. Die Lichterloh EP aus dem Jahr 2009 war deutlich punkiger. Ein Lied in dem Stile hätte problemlos die Halbballade „Im Rausch der Liebe“ ersetzen können.
Insgesamt: Der Tanz auf dem schmalen Steg ist Supermutant geglückt, Leider ist es kein Pogen geworden. Der letzte offene Platz auf meinem persönlichen Mixtape „Best of 2012“ ist mit einem Supermutant Song dennoch gut besetzt. Und alle die etwas Deutschsprachiges zwischen Captain Planet und Tomte suchen, sollten einmal rein hören.