Ash & Ice – Endlich mal wieder ein Album, das jeder Kategorisierung widerspricht. Alternative heißt ja heutzutage so viel wie: Alles, außer dem handelsüblichen Clubgestampfe. Und allein dafür kann man schon dankbar sein.
In diesem Fall gilt das Prädikat Alternative allerdings für jeden einzelnen Song. Der Albumtitel fängt das recht passend ein und gibt die Mischung aus Melancholie, Trotz und positiver Energie, die sich durch die Tracks zieht, fantastisch wider.
Und dabei sind die beiden Köpfe von The Kills selbst genauso polarisierend. Ein Brite und eine Amerikanerin – eine von Haus aus explosive Mischung, die Jamie Hince und Alison Mosshart jedoch fantastisch zu kanalisieren wissen.
Back to the Roots
Immer wieder schön, wenn Künstler nach einer Auszeit (in diesem Fall sogar eine Pause von fünf Jahren) wieder zu ihren Projekten zurückkehren. Das wirkt zwanglos und bewahrt so meist vor klanglichen Enttäuschungen. Und Ash & Ice ist definitiv so ein Werk.Auch wenn beide in den letzten Jahren nicht untätig waren, viele eigene Projekte am Laufen hatten und Gitarrist Hince sich nach einer Operation an der Hand erneut das Gitarre spielen beibringen musste, erkennt man The Kills schnell wieder. Obwohl alles anders ist. Oder doch nicht?
Not macht erfinderisch – und manchmal auch genial?
Trotz anfangs unbrauchbarer Hand machte Hince sich wieder an das Songs schreiben und bediente sich in dieser Zeit an elektronischen Klängen. Ob diese ursprünglich nicht mit aufs Album sollten, weiß nur er. Für mich steht jedoch fest: Gut, dass sie das mit eingepackt haben, denn eine Single wie Doing it to Death profitiert massiv von dem unkonventionellem Zusammenspiel der handelsüblichen Kills-Instrumente und dem Elektro-Touch.
Verständlich, wer jetzt dazu neigt, sein Gesicht zu verziehen. Elektro? „Maaaainstream“ meint man die Leute schon rufen zu hören – doch weit gefehlt. Bewegt man sich etwas weiter vorwärts auf der Platte, wird man bei Hard Habit to Break unverhofft von einem massiven Samba-Beat vom Stuhl gefegt. Samba, Elektro & The Kills? Was soll das denn werden? Ich kann nur sagen: Anhören! Denn nach wie vor gilt: Du musst die Regeln kennen, um sie brechen zu können.
Ansonsten bleibt alles so, wie es ist
Natürlich möchte man sich hüten, die Fähigkeiten erfolgreicher Künstler infrage zu stellen, doch wenn man schon eine Kritik schreibt, muss das halt sein: Jamie Hince ist nicht der technisch versierteste Gitarrist (und nein, das war er vor seinem Unfall, bei dem die Hand in Mitleidenschaft gezogen wurde) auch schon nicht. Und Alison Mosshart profitiert teilweise auch von Effektgerät und Vocoder. Nichtsdestotrotz: Darauf kommt es nicht einmal an. Das Duo hat ein sagenhaftes Gespür für Musik, passend und unpassend, wichtig und unwichtig. Nur so können Songs entstehen wie That Love (eine tragische Alison, vom Klavier begleitet) oder Hum for Your Buzz, bei dem erst die teils unsauber gespielten Riffs für den nötigen dirty blues sorgen.
Mein Fazit zu Ash & Ice
Das Album macht unglaublich viel Spaß. The Kills haben es geschafft, nicht an einem Stil hängen zu bleiben, sondern einfach alles auf die Platte zu hauen, was ihnen gefallen hat. Applaus dafür!
Aber auch technisch haben die Tracks was zu bieten: Unfassbar gut abgemischte Drums (Hard Habit to Break, Heart of a Dog) und satte Gitarrenklänge machen das Album für Feinde des Leierkastenklangs oder übersteuerter Bässe zu einem Genuss.