Was sich in den Monaten vor der Turn Blue Veröffentlichung andeutete ist Gewissheit geworden. Das neue Album von Black Keys sollte anders klingen. Wenn El Camino die auf Hit gebürstete Party Scheibe gewesen ist, so ist Turn Blue das Kopfhörer Album geworden.Veränderung ist so eine Sache. Bei einigen Bands wünscht man sich, dass sie ewig die selben Lieder neu aufnehmen, und das Fanherz ist freudig. Bei anderen sollte sich die Band stets weiterentwickeln, jedoch nie zu drastisch. Stillstand ist der Tod, wie Grönemeyer es einst besang. The Black Keys gehören zu dieser Fraktion. Vergleicht man frühere Werke, wie Magic Potion, mit Turn Blue wird die Reise, die die Band unternommen hat, deutlich. Der Minimalismus ist einer Opulenz gewichen. Die früheren Vergleiche mit The White Stripes sind hinfällig. Pink Floyd scheint der neue Referenzpunkt zu sein.
Das macht der Albumopener Weight of Love gleich unmissverständlich klar. Langsam und mit sphärischen Keyboards startet das Stück, baut seine Instrumental-Stimmung mit einer verspielten Fuzzy Gitarre auf, und braucht 2:09 bis Dan Auerbach’s verhallter Gesang einsetzt. Dieser steigert sich und wird um einen Background Chor ergänzt, bevor die Gitarre in einem fulminanten Solo explodiert. „Don’t give yourself away to the weight of love„. Das Outro bringt den Zuhörer wieder zurück auf den Boden. Die 6:50 gehören zu dem besten, was The Black Keys bisher veröffentlicht haben. In diesen Lyrics und in allen folgenden Texten verarbeitet Dan Auerbach die Trennung von seiner Frau.
In Time und Turn Blue sind weniger episch, gehen aber in eine ähnliche Richtung. Das Kernstück der Lieder ist dabei immer noch ein Blues, verdeckt unter mehreren Schichten an Effekten und Keyboards. Das warme Soundgewand steht der Band bestens, die Lieder schwingen trotzdem noch gekonnt mit. Wer sich mit den ersten drei Liedern anfreunden kann, wird das gesamte Album mögen. Fever ist die erste Singleauskopplung und funktioniert noch besser im Album-Korsett als davon losgelöst. Bullet in the Brain bewegt sich wieder in dieser besonderen Stimmung von Weight of Love und ist ein nächstes Highlight. Das von einem markanten Schlagzeug Rhythmus getragene It’s up to you now dagegen wäre auch ein Highlight auf El Camino gewesen. Einen speziellen Haken schlägt das Duo am Ende mit Gotta Get Away. Der lupenreiner Straight Forward Country Song im Mid-Tempo verwirrt zunächst durch seine gute Laune und fast schon Banalität. macht aber Spaß und kling nach Dosenbier im Pick-Up Truck – im besten Sinne.
Besonders in Waiting on Words erinnert Dan Auerbachs Falsettgesang an Portugal. The Man. Auf deren letztem Album Evil Friend hatte Danger Mouse ebenfalls die Finger an den Drehknöpfen. Und dieser guter Geist schwingt bei allen Turn Blue Songs mit. Mann mag von einem dritten inoffiziellen Mitglied des Duos sprechen. Kein Wunder also, dass das das Album als logische Weiterentwicklung von Brothers und El Camino klingt und damit dem Eingangs erwähnten Ruf nach Veränderung gerecht wird.
Die Rolling Stones Vermutung, dass Danger Mouse an den elektronischen Spielereien maßgeblich beteiligt war, liegt nahe. Die Lieder sind im Vergleich zu früheren Black Keys Alben vollkommen überfrachtet. Aber es funktioniert, und der Grund dafür ist ein einfacher: Die Lieder sind gut. Während andere Bands mit einem opulenten Drumherum schwache Lieder kaschieren wollen, ergänzt das Duo aus Akron, Ohio die bereits starken Lieder um zusätzliche Facetten und veröffentlicht mit Turn Blue ihr bisher fesselndstes und bestes Album.
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